Offene Entwurfs-Plattformen für Designer

Eine Analyse mit praktischen Empfehlungen zur Technik der Selbstorganisation von Produktentwicklung im Netz

Arbeitstitel: Untersuchung kollaborativer Entwürfe in offenen Plattformen
Eingereicht an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfbK) im Studienschwerpunkt Design im WiSe 2015/2016
zur Erlangung des akademischen Grades Diplom
von: David Burkhardt
geboren: 18.03.1986 in Hamburg
Copyright © 2016 David Burkhardt
Copyleft: This is a free work, you can copy, distribute, and modify it under the terms of the Free Art License http://artlibre.org/licence/lal/en/

Einleitung

Motivation

Ich möchte in dieser Arbeit den Austausch, die Dokumentation und die Reproduktion von Entwürfen diskutieren. Es geht um den Umgang mit Immaterialgut von Design im Digitalzeitalter und das Verhältnis zwischen Designer (Urheber), Produzenten und Konsumenten. Und um gemeinschaftliche Entwicklungsprozesse.

Meine Arbeit soll dazu einladen, sich mehr mit dem Teilen von Entwürfen auseinander zu setzen. Wie funktionieren Gemeinfreiheit, Urheberrecht und Open Source Lizenzen, wie funktioniert globales Design? Was ist der Entwicklungsstand von Plattformen für Entwürfe? Wie lassen sich die Arbeitsmethoden von Designern Weiterentwickeln?

Die Softwareindustrie ist die sich am schnellsten entwickelnde Branche des 21. Jahrhunderts. Einen großen Anteil daran hat der Geist von Open Source, dessen Methoden und Systeme für Maßstäbe an Interoperabilität gesorgt haben. Open Source ist eine Basis für viele kleine Unternehmen und Projekte, aber auch Firmen wie Apple und Google, größer als so mancher Rohstoffkonzern oder Autobauer. Sie bedienen sich gleichermaßen an Open Source Gütern. Was kann man lernen, an Methoden und Werten? Welche negativen Trends der Softwareindustrie lassen sich bei der Anwendung im Design besser vermeiden?

Diese Arbeit soll kein Manifest oder theoretisches Konzept sein, sondern ein praktisches Handbuch für Designer, die an Open Design und der Organisation von Selbstorganisation durch digitale Methoden interessiert sind.

Open Design ↓

Das Destruktive an Lizenzgebühren ↓

Praktische Methoden im Designalltag ↓

Die Problematik verwaister Werke durch Urheberrecht ↓

Vorgehensweise

Gliederung ↓

Form ↓

Einladung zum Editieren ↓

Begriffserklärung

Da die Funktionen von Designer, Produzent, Händler, Konsument, Rezensent, Urheber, Rechteinhaber, Lizenznehmer etc. im Internet zunehmend verschwimmen, sind auch die Übergänge zwischen Entwurf, Werk, Werkstück, Typ, Modell, Serie, Objekt, Instanz entsprechend ungeschärft. In der folgenden Begriffserklärung sollen daher die Begriffe, wie sie innerhalb der Arbeit verwendet werden, klar definiert und teilweise durch Theoriemodelle aus anderen Wissenschaften ergänzt werden, um eine feinere Unterscheidung möglich zu machen.

Urheber, Gestalter, Designer, Autor ↓

Werk, Objekt, Entwurf ↓

Werkstück, Instanz ↓

Derivat, Adaption ↓

Lizenz ↓

Lizenzgeber ↓

Lizenznehmer ↓

Frei und Open Source ↓

Plattformen

Im Folgenden werden für Gestalter in Frage kommende Plattformen vorgestellt und analysiert. Die Liste an unterschiedlichen Plattformen ist so zahlreich und lang, da sie sich beständig verändert. Es entstehen neue Plattformen, während andere aus dem Internet verschwinden, fusionieren, eingestellt oder aufgekauft werden. Um diese Kurzlebigkeit des Internets entgegenzuwirken wird eine Auswahl getroffen. Diese Auswahl ist eine Momentaufnahme, zu der der Leser eingeladen ist, diese zu aktualisieren. Die Auswahl der hier erwähnten Plattformen wurde nach folgenden Kriterien erstellt:

Relevanz anhand von Größe und Verbreitung der Plattform. Inhaltlicher Schwerpunkt: Um möglichst vielseitige Optionen für Gestalter anschaulich zu machen, werden Plattformen mit möglichst unterschiedlichen Schwerpunkten betrachtet. Anstelle besonders ähnliche Plattformen zu vergleichen, ist Diversifikation ein Auswahlkriterium.

Ausschlusskriterien: Einige Plattformen wären zwar geeignet, um auch von Gestaltern genutzt zu werden, entsprechen aber aus Gründen fehlender Offenheit, restriktiver Nutzungsbestimmungen, anders gesetzten inhaltlichen Schwerpunkten, fehlenden kollaborativen Funktionen, etc., nicht dem in dieser Arbeit gesetzten Fokus auf Offenheit und Zusammenarbeit. Siehe auch unter andere Plattformübersichten. ↓
Tabelle mit ausgewählten Plattformen im Vergleich ↓

Thingiverse

Die mit Abstand größte Plattform für 3D-Druckmodelle dient als Beispiel für viele ähnliche Depots und Sammlungen, die von der rasanten Entwicklung erschwinglicher 3D Drucker der letzten Jahre losgetreten wurden.

thingiverse.com ist eine Webseite der Firma Makerbot Industries LLC und ein Verzeichnis für Entwürfe in Form von digitalen Datensätzen.

Makerbot stellt 3D Drucker für den Privatgebrauch her. Der durchschnittliche Thingiverse-Benutzer ist also kein berufsmäßiger Designer. Das sieht man auch an den Schwerpunkten der eingestellten Objekte. Neben Ersatzteilen für Haushaltsgeräte, 3D Druckern, Werkzeugen, findet man auch viele Spielzeuge, Figuren, Modellbauteile.

Es dient der Verteilung, dem Tausch und der Weiterentwicklung, zur Ermöglichung einer dezentralen Produktion von Produkten und Alltagsgegenständen. Die Entwürfe sind unter Open Source Lizenzen veröffentlicht und daher gebührenfrei weiterverwendbar. Ein großer Teil der Entwürfe sind technischer Natur wie Ersatzteile für Konsumprodukte. Thingiverse ist außerdem ein Beispiel für die Geschichte, Firmenpolitik und den Umgang mit Nutzern in einer Plattform, die zwar kostenlos ist und sich an Open Source Prinzipien orientiert, aber auch eigene Ziele als privatwirtschaftliche Firma verfolgt.

Beispiele auf thingiverse.com 12

Das Reprap Projekt ↓

Die Gründung von Makerbot Industries und thingiverse.com ↓

Makerbot wird Closed Source und Verkauf an Stratasys ↓

Risiken in den Nutzungsbedingungen von Thingiverse ↓

Alternativen zu Thingiverse ↓

Github

Github ist eine File-Hosting Plattform auf der Open Source Projekte entwickelt werden, die meisten davon sind Free Software. Aber nicht nur für Software ist Github geeignet, auch Prosa, wissenschaftliche Texte, technische Konstruktionen etc. können von den zur Verfügung stehenden Funktionen profitieren. Diese Funktionen sind Versionskontrolle, Auftrennung, Zusammenführung, soziales Netzwerk, Diagramme und Statistiken, etc. Github ist vor allem für die Verwaltung von sehr großen und inhomgenen Teams geeignet, bei denen nicht alle gleichzeitig an denselben Daten arbeiten können.

Beispiele Github28, 29, 30

Die Git Versions-Verwaltung ↓

Github, Hostingplattform für Git ↓

Geschäftsmodell und Besitzverhältnisse ↓

Plattformen ähnlich wie Github ↓

Instructables

Instructables ist eine Plattform für Anleitungen, Dokumentationen und do-it-yourself Projekte. Hier ist nicht das Werk an sich, bzw. ein Digitales Abbild davon Gegenstand des Austausches, sondern das Verfahren, die Anleitung oder Beschreibung der Herstellung. Instructables sieht sich außerdem als Online-Magazin, für die do-it-yourself-Bewegung, also für Amateure und Hobbyisten. Schwerpunkt sind mit Haushaltsmitteln reproduzierbare Bastelprojekte, aber auch Survivaltipps, Gerichte, Elektronik, Möbel, Spielzeuge und Kostüme.

Es gibt aber auch einige professionelle Möbelbauer, Handwerker und Designstudenten, die ihre Entwürfe auf Instructables veröffentlichen. Die meisten Projekte auf Instructables sind unter Lizenzen veröffentlicht, die gewerbliche Nutzung ausschließen. Dies gilt aber soweit nur für die Weiterverwendung des Artikels, der Bilder und sonstiger Dateien aus dem Artikel, also für die urheberrechtlichen Werke. Das Durchführen der beschrieben Arbeittschritte und Verfahren, etc. ist dann aber nicht durch die Lizenz eingeschränkt, und wäre höchstens anderweitig durch Patent- oder Gebrauchsmuster einschränkbar. Siehe dazu den Abschnitt zur Anwendbarkeit des Urheberrechts für Design.

Die Plattform kann ebenso wie Thingiverse auf eine längere Geschichte zurückblicken als die meisten Mitbewerber und gilt daher als Marktführer.

Beispiele Instructables36, 37

Squid Labs ↓

Geschäftsmodell ↓

Verkauf an Autodesk ↓

Nutzungsbedingungen ↓

Instructables Alternativen ↓

Grabcad

Eigentlich sollte Grabcad hier genau wie Thingiverse und Github als Beispiel für eine offene Plattform untersucht werden, für die praktische Benutzung von CAD-Dateien von Normteilen im Entwurfsprozess. Wie sich aber während der Untersuchung herausgestellt hat ist Grabcad einerseits nicht offen, andererseits sind die praktischen Vorteile sehr gering, da die Lizenzfrage gänzlich ungeklärt bleibt. Daher an dieser Stelle nur eine Kritik anstelle der umfangreicheren Untersuchung.

Beispiele Grabcad

Schwerpunkt ↓

Lizenzprobleme ↓

Keine freien, offenen Werke ↓

Geschäftsmodell & Besitzverhältnisse ↓

Fazit zu Grabcad ↓

Wofür ist welche Plattformen geeignet?

Inhaltlicher Schwerpunkt

Datengrundlage des Diagramms ↓
Hier sieht man die inhaltlichen Schwerpunkte der Plattformen.
Während Thingiverse etwa größtenteils für 3D Druck Datensätze gedacht ist, ist Grabcad eine Plattform für industrielle Norm- oder Maschinenteile.

Siehe dazu auch die Alternativen im jeweiligen Schwerpunktgebiet:

Alternativen zu Thingiverse

Plattformen ähnlich wie Github

Instructables Alternativen

Open Source

Datengrundlage des Diagramms ↓
Dieses Diagramm zeigt die Lizenzsmöglichkeiten der untersuchten Plattformen und Alternativen. Die meisten der untersuchten Plattformen unterstützen Open Source Lizenzen. Die Hälfte davon lizensiert aber doppelt, das heißt nebenher verlangt die Plattform selber eine zusätzliche Lizenz mit weitergehenden Rechten als die gewählte Open Source Lizenz.

Die nächstgrößere Gruppe gewährt gar keine Weiterverwendungsrechte, z.B. wenn es sich um Magazine oder kommerzielle Dienstleister handelt.

Andere Plattformübersichten

Andere Listen ↓

Andere Plattformen und Ausschlusskriterien für die Untersuchung ↓

Lizenzen

Was ist eine Lizenz?

Eine Lizenz ist die Voraussetzung für eine kostenfreie Weitergabe von Werken im Internet. Aufgrund des Urheberrechts würde die bloße Veröffentlichung ein Reproduzieren und Weiterverwenden noch nicht erlauben, weil wenn nicht anders vermerkt davon ausgegangen wird, dass keine weiteren Rechte erteilt werden, also ‚all rights reserved’. Der Author kann aber sein Werk als gemeinfrei erklären, also alle Rechte daran aufgeben, was ‚no rights reserved’ entspricht.

Wer nicht alle Rechte aufgeben möchte, sondern seine Werke nur unter bestimmten Bedingungen teilen möchte, kann eine differenzierte Lizenz wählen, was soviel wie ‚some rights reserved‘ bedeutet.


Um dem Author den juristischen Aufwand dieser lizenzrechtlichen Frage zu vereinfachen, gibt es standardisierte Lizenztexte, wie zum Beispiel die Creative Commons (CC) Lizenzen oder die Lizenz Freie Kunst (LAL) und viele Andere. Grundsätzlich ist eine Lizenz kein Ersatz für Urheberrechte, sondern eine Ergänzung. Die Urheberrechte des Authors sind, zumindest in Deutschland unabtretbar. Der Author hat also die Möglichkeit sogar mehrere „einfache“, d.h. nicht ausschließliche Lizenzen zu verteilen, einschließlich Lizenzen zu unterschiedlichen Bedingungen solange es sich dabei um keine exklusiven Lizenzen handelt. Es ist also ohne weiteres möglich, ein Werk kommerziell zu nutzen, z.B. Drucke eines Werkes zu verkaufen, aber auch frei auf digitalem Wege zur Verfügung zu stellen. Dem gegenüber stehen nur die Rechte-Verwertungsgesellschaften, die meist eine exklusive Lizenz (ausschließliche Verwertung) verlangen und damit die Möglichkeiten des Urhebers, über sein Werk zu verfügen, einschränken. „Frei“ wie in „Freie Lizenzen“60 kann grundsätzlich verschiedene Bedeutungen haben. Das geht von Erlaubnis zur Nutzung, Veränderung mit Namensnennung bis hin zu kommerzieller Weitergabe ohne jegliche Nutzungseinschränkung.61

Anwendbarkeit des Urheberrechts für Design

Das Urheberrecht ist ein Schutzrecht des Immaterialguts. Es entsteht automatisch bei der Verfassung eines urheberrechtlichen Werkes und ist nicht übertragbar. Für industrielle Produkte, Verfahren, technische Umsetzung etc. kommt das Urheberrecht nicht zur Anwendung, hier existieren gewerbliche Schutzrechte wie das Patent, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster und die Wettbewerbsrechte wie Schutz von Name, Bezeichnung, Kennzeichen und Ruf.

Während das Produkt und die Funktionsweise an sich also nicht urheberrechtlich geschützt sind, jedoch der Entwurf, Grafiken, die Darstellung und Beschreibung der Idee und die angehängten Texte urheberrechtlich geschützt sein. Dazu muss das Werk nach § 2 Abs. 2 UrhG eine „persönliche geistige Schöpfung“ sein und die Merkmale „Originalität“ und „Schöpfungshöhe“ vorweisen.

Ähnlich wie früher schon der Fotografie, wurde dem Design in der Vergangenheit, die künstlerische Anerkennung verwehrt. Aber Werbefilme, Plakate, Slogans, Jingles etc. sind im Rahmen der 'sogenannten' kleinen Münze urheberrechtlich schutzwürdig, was die Auslegung der Gestaltungshöhe im Werkbegriff des UrhG verdeutlicht. Ein Urteil des BGH vom 13.11.2013 ( AZ I ZR 143/12 )62 hat die Position von Design als Werk deutlich bestätigt, indem festgestellt wurde, dass an die angewandte Kunst kein anderer Maßstab gelegt werden sollte, als an die zweckfreie Kunst. Am Bild aus den Prozessunterlagen lässt sich interpretieren, wie weit der 'Werkbegriff' des UrhG reicht:

Gegenüber dem Geschmacksmuster für Design hat das Urheberrecht eine Reihe von Vorteilen. Es hat einen längeren Schutzzeitraum als Patent, Gebrauchs- und Geschmacksmuster und es tritt automatisch, ohne Anmeldung und Gebühren in Kraft.

Das Urheberrecht ist außerdem ein persönliches Recht, was es von gewerblichen Schutzrechten unterscheidet, die sich auf Körperschaften beziehen. Die rechtliche Auffassung, ob Design unter das Urheberrecht fällt oder nicht, hängt also auch davon ab, ob der Designer als Einzelperson Auftritt und eine eigenständige persönliche Leistung erbringt. Ein selbständiger Designer, der ohne Auftrag aus eigener Motivation einen Entwurf anfertigt, ist zweifelsohne Urheber im Sinne des UrhG. Diese Auffassung vertritt auch die auf Designrecht spezialisierte Urheberrechtsanwältin Margarete May.63

Entstehungsgeschichte der General Public License

Das GNU Projekt ↓

Die vier Freiheiten von ‚Free Software‘ ↓

GPL - Software im Fokus ↓

Lizenzübersicht für Design, Kunst, kulturelle Werke

Tabelle mit Lizenzen für generische Werke und klassischen Software-Lizenzen im Vergleich ↓

Creative Commons ↓

Art Libre ↓

Gemeinsamkeiten und Unterschiede LAL und CC ↓

Kritik der Rechtsförmlichkeit: Bierware ↓

Lizenzbestandteile

Datengrundlage des Diagramms ↓

Namensnennung ↓

Copyleft - Weitergabe unter gleichen Bedingungen ↓

Nicht kommerziell ↓

Keine Derivate ↓

Verwertungsgesellschaften

Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft können freie Lizenzen in der Regel nicht benutzen, weder als Lizenznehmer, noch als Lizenzgeber. Sie lizenzieren einen Teil ihrer Urheberrechte exklusiv an den Verwerter. Damit kann der Urheber nicht mehr über die Notwendigen Rechte an seinen eigenen Arbeiten verfügen, die eine freie Lizenz erfordert. Deshalb darf ein Mitglied einer Verwertungsgesellschaft auch keine Werke adaptieren oder aufführen die unter einer Copyleft Klausel stehen. Die Adaptierung würde sowohl unter die Vertretung der Verwertungsgesellschaft fallen als auch unter der ursprünglichen freien Lizenz stehen. Da die Verwertungsgesellschaften aber einen Alleinvertretungsanspruch haben, funktioniert das nicht.

In der Praxis kann eine widerrechtliche Nutzung aber z.B. durch eine nachträgliche Lizensierung beim Urheber des Werkes legitimiert werden. Der Urheber erteilt also dem Mitglied einer Verwertungsgesellschaft eine einzelne nicht exklusive Lizenz, die neben der freien Lizenz besteht und erhält eine Vergütung wie sie bei Verstößen gegen die Verwertungsrechte üblich ist.

Die Inkompatibilität betrifft alle deutschen Verwertungsgesellschaften in Kombinationen mit allen CC Lizenzen, wie auch die FAL.72
Im Einzelfall kann man die jeweilige Verwertungsgesellschaft dazu befragen. Auf den Webseiten von VG Media, GEMA und VG-Wort wird zumindest auf die Möglichkeit verwiesen, sich mit der jeweiligen Lizenz im Einzelfall auseinander zu setzen. Bisher haben die genanten Gesellschaften aber auch Lizenzen mit dem NC, also nichtkommerziellen Zusatz abgelehnt.

Liste der inkompatiblen Verwertungsgesellschaften:

Es gibt sowohl politische wie auch wirtschaftliche Bestrebungen, die Kompatibilität herzustellen. Einerseits enthält die EU-Richtlinie 2014/26/EU, die zur Vereinheitlichung des Lizenzgeschäfts im Binnenmarkt Europa gedacht ist, auch einen Passus, der dem Urheber contra den Verwertungsgesellschaften Rechte an der nicht kommerziellen Verwendung einräumen soll.74

Andererseits gibt es Verwertungsgesellschaften in anderen Ländern, die bereits eine Parallelizensierung zulassen. Das ist zum Beispiel bei der dänischen KODA der Fall, die die kommerzielle Zweitverwertung (z.B. Radio) auch dann übernimmt, wenn das Stück vorher unter der CC-BY-NC im Internet veröffentlicht wurde.75

Die gängige Argumentation der Verwertungsgesellschaften ist, die Hochrechnungen der Nutzungen nur pro Künstler, und nicht pro Werk, abzustufen. Die Gegner behaupten, diese Abstufung wäre technisch mittlerweile möglich und die Weigerung bloß ein Machtspiel. Den Beweis möchte die Stiftung VG C3S antreten, eine neugegründete genossenschaftliche Verwertungsgesellschaft, die gerade auf ihre Zulassung vom Deutschen Patent und Markenamt wartet (Stand 12/2015). Den Schwung der Umsetzung der EU Richtlinie nutzend möchte die C3S nicht weniger als eine europaweite Verwertungsgesellschaft sein, die Künstler für einzelne Werke vertritt. Momentan möchte sich die C3S allerdings auf die Musikbranche beschränken.76

Vorgehensweise bei der Lizenzwahl

Als Einzelautor ↓

Gemeinschaftliche Projekte ↓

Andere Lizenzübersichten

Creative Commons Lizenzauswahl-Assistent ↓

Lizenzen für Free Cultural Works ↓

Lizenzübersicht der Free Software Foundation ↓

Open Source Hardware Projekt ↓

Zum Stand von Open Design

Die Veröffentlichung von Open Design Now liegt nun fast fünf Jahre zurück. Was ist in der Zwischenzeit passiert bzw. was ist der Stand von Open Design heute?

Quantitativ

Eine Antwortmöglichkeit wäre eine quantitative Analyse anhand von Statistiken: Die Creative Commons veröffentlich jedes Jahr einen Jahresrückblick „State of the Commons“83 mit statistischen Zahlen über die unter CC Lizenzen veröffentlichten Werke. Die Zahlen zeigen ein beeindruckendes Wachstum. Die Anzahl der unter einer CC Lizenz veröffentlichten Werke ist von 140 Millionen im Jahr 2006 auf über 1.1 Milliarden in 2015 gestiegen. Der Anteil an Lizenzen die für freie kulturelle Werke zugelassen sind, also kommerzielle Nutzung erlauben, ist 64%. 2015 wurden sogar 10 Millionen gänzlich gemeinfreie Werke veröffentlicht, beinahe der doppelte Betrag vom Vorjahr 2014.

Doch die Zuordnung dieser Zahlen zu Open Design gestaltet sich als schwierig. Die CC unterscheidet zwischen „images, open educational ressources, research, videos, audio tracks, texts und other“. Die Werke in den Kategorien Forschung, Bildung und Andere ergeben zusammen lediglich 0,3% der statistisch erfassten Werke, was aber immerhin 1,5 Millionen sind.

Von thingiverse.com als größter Plattform für 3D Druck Entwürfe gibt es leider keine aktuellen Statistiken. Aber 2013 wurde die Marke von 100.000 Modellen gebrochen, mit einem exponentiellen Wachstum von zuletzt 20.000 im Monat..84

Die Analyse, was denn davon nun Open Design ist, war meine erste Idee für diese Arbeit. Glücklicherweise haben mich aber Professoren, Kommilitonen und die Recherche rund um das Thema, von solch einer trockenen aber mammutgroßen statistischen Analyse abgebracht. Viel interessanter ist nämlich die qualitative Betrachtung:

Der Nutzen von offenen Plattformen für Open Design

Offene Plattformen sind eine Infrastruktur, die für die Verbreitung von Open Design eine Schlüsselstellung inne hat. Zukunftsvision, Manifeste und rechtliche Sicherheit wie Lizenzen, Gesellschaften sind nicht Werkzeuge, sondern nur die theoretische Basis dafür, dass ein praktisches Arbeiten an offenen Entwürfen entstehen kann.

Michael Avital, ein Co-Autor von Open Design Now hat eine Kategorisierung in seinem Artikel85 vorgenommen. Das Modell nennt vier Grundlagen, die vorhanden sein müssen, damit Open Design stattfinden kann:

Die Ergebnisse der Untersuchung in Teil 2 dieser Arbeit legen den Schluss nahe, dass die Plattformen mehr versprechen als sie halten.
Die Offenheit ist begrenzt, im Fall von Trittbrettfahrer Grabcad überhaupt nicht vorhanden. Im Fall von Thingiverse und Instructables, geht sie mit Rechtsunsicherheit für den Urheber und mit möglicher Kommerzialisierung durch den Plattformbetreiber einher. Ist die Funktion, die Plattformen als praktisches Element, für Open Design leisten sollen, damit weiterhin ungelöst?

Die Untersuchung zeigt, dass es Alternativen gibt. Diese sind, obwohl sie nicht nicht im Fokus standen, trotzdem soweit untersucht worden, dass man sagen kann, dass es hier keine Probleme und Restriktionen in der Art der großen Plattformen gibt. Höchst spannend auch der dezentrale Lösungsansatz an dem das GNU Projekt derzeit arbeitet: ↑ Mediagoblin

Eine Aussage, welche Plattformen sich hier durchsetzen werden, kann man momentan nicht treffen, es ist noch alles offen. Momentan findet in Bezug auf neue Plattformen, neue Geschäftsmodelle und Märkte, ein ähnlicher Goldrausch statt, wie zur Anfangszeit des Automobils im späten 19. Jahrhundert. Dampf, elektrisch oder interne Verbrennung? Was die Investoren in diese Ideen und Plattformen nicht sehen ist, dass die vielen Ideen, 3D Modelle, Fotos und Anleitungen eigentlich nicht an die Marke des Unternehmens geknüpft sind, sondern im Wesentlichen an die Lizenz. Und die Lizenz kann man nicht kaufen und monetarisieren.

Portabilität von lizensierten Werken

Werke unter einer freien Lizenz sind grundsätzlich portabel. Es ist egal, ob sie auf Github, Thingiverse, Youmagine oder Treasure Island veröffentlicht werden, es ist die Lizenz, die einen Umzug auf eine andere Plattform oder eine gleichzeitige Präsenz auf mehreren Plattformen ermöglicht. Diese Portabilität von Open Source Werken macht die Plattform unerheblich. Sie gibt aber auch ein Werkzeug in die Hände der Nutzer, mit dem sie die Entwicklung der Plattform beeinflussen können. Wenn die Nutzungsbedingungen sich verschlechtern, droht der Plattform ein Abzug von Projekten und geringere Popularität.

Für Autoren, die ihre Werke veröffentlichen wollen, spielt die Reichweite der Plattform eine Rolle. Relativ unbekannte, kleinere Plattformen können nicht dieselbe Außenwirkung erzeugen, wie die Veröffentlichung auf der führenden Plattform. Das verkennt allerdings, dass die journalistischen Magazine, wie die Make Zeitschrift, oder Hackaday Blog, als Medium eine weit größere Rolle spielen als ein Katalog wie Thingiverse oder Instructables. Das liegt einfach daran, dass Leser die nicht nach etwas bestimmtem suchen, eine kuratierte Auswahl von Artikeln gegenüber einer schwarm-generierten Auswahl bevorzugen. Thingiverse und Instructables versuchen durch ihre Wettbewerbe und die ‚featured‘-Kategorie den Stil eines Magazins nachzuahmen. Ein Blogartikel auf einer anderen Webseite, eine Erwähnung in einem journalistischen Artikel mit Link zu einer der Plattformen hat aber den weitaus größeren Werbeeffekt verglichen mit der Wahl der Plattform. Mit der Entstehung von News-Aggregatoren wie bld3r und Suchmaschinen wie yeggi.com ↑ verlagert sich die Außenwirkung möglicherweise noch weiter weg von den Plattformen.

Plattformen sind für den offenen Austausch zwar in der Praxis sehr wichtig. Umgekehrt ist die Einflussnahme, die Plattformen dadurch aber auf die Open Design Bewegung haben, nur begrenzt.

Erfahrungen aus der Open Source Software Bewegung

Nicht nur aus der Geschichte von Arduino lassen sich Schlüsse ziehen, auch in der Softwarebranche gibt es lehrreiche Beispiele. Man kann zwar die Open Source Software Bewegung nicht als Modell für die Open Design Bewegung zu einem zukünftigen Zeitpunkt nehmen. Wohl aber kann man aufgrund der längeren Geschichte der Software Bewegung Erfahrungen aus dieser gewinnen.

Eine Erfahrung haben die Verteidiger von Proprietären Geschäftspraktiken beim Angriff auf die Wertebasis von Open Source gemacht, wie beim Fall SCO vs Linux. Für Viele Beobachter ist der Fall eng verknüpft mit der marktbeherrschenden Stellung von Microsoft zu dieser Zeit. Microsoft versuchte Anfang der 2000er durch mehrere Methoden Open Source zu diskreditieren, was nachträglich in einem gigantischen Imageschaden, als auch finanziellen Verlusten für Microsoft endete. Man bezog im Klagefall SCO vs Linux Stellung, indem Microsoft den Aktienkurs der Firma SCO durch breite Aktienkäufe unterstützte. Der Fall ist nachzulesen auf dem Open Source Rechtsblog Groklaw:86 Gleichzeitig schaltete man eine Reihe von Anzeigen, die das damals in der Serverwelt aufkommende Linux unvorteilhaft darstellten.87
SCO hat am Ende keine der vielen Klagen gewonnen und musste Insolvenz anmelden, Microsoft hat in den darauf folgenden Jahren die Marktführerschaft für Server-Betriebssysteme verloren. Auch wenn die Kausalität für letzteres nicht gesichert ist, so hat doch der versuchte Angriff von SCO und Microsofts gleichzeitige Kampagne den Glauben an die Effektivität der damals noch sehr ungewöhnlichen Lizenz GPL nachhaltig gestärkt.

Ein ähnlicher Angriff auf die Fundamente von Open Source ist daher in heutigen Zeiten extrem unwahrscheinlich geworden.

Schleichende Urheberrechtsverschärfungen

Das heutige Immaterialgüterrecht ist größtenteils eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Der Urheberrechtsschutz basiert auf der „Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst“ und ist von 1887. Das „Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken“ ist von 1891. Die dem internationalem Patentrecht vorausgehende „Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums“ stammt sogar aus dem Jahre 1883. Damals äußerten Privatleute und sogar Wirtschaftsverbände umfassende Kritik an dieser weitgehenden Monopolgewährungen für bis dahin freies Immaterialgut. Die in den Verträgen festgehaltenen Schutzrechte, wurden in den darauf folgenden 120 Jahren immer wieder ergänzt und angepasst. Meistens ging es dort um eine Erweiterung oder Verlängerung des Monopols. So gab es für das Urheberrechtsgesetz bis heute nicht weniger als acht Änderungen zur Erweiterung der Schutzfrist, von zuerst 30 Jahren auf 50 auf nunmehr 70 Jahre, nach dem Tod des Urhebers. Sogar für Musiker, die Stücke eines Anderen zum besten geben, gilt, dass alle Aufnahmen ihrer Interpretation 70 Jahre lang exklusiv geschützt sind.88

Ähnliche Verschärfungen finden auch in den gewerblichen Schutzrechten statt, Patente auf Software, Pflanzen, Geschäftsideen sind alles Ideen, die seit 1883 dazu gekommen sind. Der Grund für diese Verschärfungen ist die Arbeit der Urheberrechts-Lobbyorganisationen, in Deutschland zum Beispiel die GRUR (Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht e.V) oder Organisationen, deren großzügige Finanzierung durch Urheber und Verleger, eigentlich schon wieder Preis gibt wie gut es um die Tantiemen von Urhebern und Verlegern bereits bestellt ist.

Auch die Internationale Durchsetzung nimmt zu. So sind mittlerweile auch Entwicklungsländer der internationalen Patent Cooperation Treaty beigetreten und die Durchsetzung wird durch internationale Vernetzung einfacher. Patente sind eine gefragte Handelsware und das Aufkaufen und weiterlizensieren von nicht selbst entwickelten Patenten ist ein anerkanntes Geschäftsmodell.

Interessanterweise, kann genau dieser Effekt der fortschreitenden Regulierung einen unerwarteten Nebeneffekt auf die Entwicklung offener Werke haben. Die theoretische Frage, ob man als Designer eher proprietäre Rechte verteidigt oder auf offene Standards setzt, ist irrelevant, weil es kein theoretisches Thema ist, sondern ein praktisches. In der Praxis baut Design und Produktentwicklung immer auf vorherigen Ideen und Eindrücken auf. Durch zunehmende Regulierung wird es aber schwieriger im proprietären Bereich etwas komplett Eigenes, Neues zu schaffen. Wenn aber alles vorhandene reguliert ist, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als es allein zu versuchen. Der Zugriff auf gemeinsame Standards ist daher ein praktischer Vorteil. Das Copyleft- bzw. Share-Alike-Prinzip, kompatibel mit dem proprietären Urheberrecht, welches für die freie Verfügbarkeit von Weiterentwicklungen und Derivaten sorgt, sorgt dann dafür, dass aus den einfachen offenen Entwürfen, größere, funktionalere und komplexere Ableger entstehen können.

Für Open Source Software hat dies bedeutet: Über 60% der Webseiten im Internet und über 60% der Smartphones und Tablets laufen auf Open Source Software. An diesen riesigen Industrien, die dafür entstanden sind, sieht man auch, dass Open Source keinerlei Probleme darstellt bei der monetären Nutzung. Der Grund für dieses Wachstum von Open Source ist praktischer Natur und nicht aus Image-Gründen. An der hervorgehobenen Stellung von Google, Apple, Facebook kann man nicht erkennen, dass Open Source irgendeine limitierende Auswirkung auf die Prinzipien der Marktwirtschaft gehabt hätte. In einer Open Source Welt, spielt das aber auch keine Rolle, denn nicht die Intentionen eines Unternehmens sind gefragt, sondern die des Individuums das im Unternehmen arbeitet.

Unternehmen als Hüllen

Die Theorie ist, dass Unternehmen in der Regel mit der Absicht von Profit oder Wachstum handeln - Im Auftrag der Besitzer bzw. Investoren und Fonds. Ausführende sind die Mitarbeiter des Unternehmens. Aber sind die Eigeninteressen des Einzelnen denn ähnlich wie die des Unternehmens?

Die Entscheidung eines Unternehmens für die Entwicklung auf Basis von Open Source Lizenzen kann für das Unternehmen praktische Gründe haben, nebenbei hat sie aber auch positive Auswirkungen für die beteiligten Mitarbeiter. Durch die Veröffentlichung von Open Source Technologie kann die Verbreitung, Bekanntheit und Anerkennung in professionellem Umfeld steigen. Das billigt dem einzelnen Mitarbeiter eine bedeutendere Rolle zu, ermöglicht aber auch eine größere berufliche Mobilität. Verlässt er das Unternehmen, muss er seine bisher geleistete Arbeit nicht vollständig hinter sich lassen, da das Werk frei bleibt.

Die Gefahr, dass große Unternehmen sich also am Open Source Pool bedienen und nichts zurückgeben, sollte also nicht überbewertet werden. Auch große Unternehmen bestehen nur aus Mitarbeitern, die auch manchmal im Interesse der Gesellschaft oder in ihrem eigenen Interesse denken und entscheiden. Das ist nicht immer dasselbe wie das Interesse der Investoren und Fonds. In Unternehmen, die viel auf Open Source Technik setzen, gibt es also eine Machtverschiebung, von der Unternehmensführung mehr in Richtung der Mitarbeiter bzw. Individuen. Nutznießer ist die außenstehende Gesellschaft.

Wenngleich der Open Source Geist also in der Praxis leider keinen großen Einfluss auf die Positionierung von Großunternehmen hat, so hat er doch Einfluss auf die Art wie Großunternehmen handeln.

Dezentrale Produktion

Wahrscheinlich sind es am Ende doch die Produktionsmethoden, die sich als Bremse für die Entwicklung von Open Design erweisen.

Schon der Flugpionier Alberto Santos-Dumont verteilte 1908 Baupläne seines Ultraleichtflugzeugs Demoiselle kostenlos und sah das Fliegen als ‚Geschenk für die Menschheit‘. Der Designer Gerrit Rietveld veröffentliche Bauanleitungen seiner Stühle in der Zeitschrift De Stijl.1 Einzelne Nachbauten gab es dennoch nur wenige, nicht nur weil der finanzielle und technische Hintergrund fehlte, sondern auch weil die Produktionsmethoden immer noch Werkzeuge und Vorrichtungen erforderten, die erst in einer Serienproduktion Sinn machten.

Generative Fertigung, bzw. dezentrale Produktion sind ein Schlüssel für den Austausch von Entwürfen. Statt der Ware, wird bloß ein Modell übermittelt, statt dem Massenprodukt entsteht ein angepasstes, einzigartiges Produkt. Millionen von Wirtschaftsingenieuren, Supply-Chain Managern, Lifecycle Planern, Sozialwissenschaftlern, Umweltforschern, etc. geben sich Mühe diese Modelle zu planen, berechnen und vorrauszusagen.

Ausgerechnet die Entwicklung von 3D Druckern stagniert, die erst dafür gesorgt hat, dass Plattformen für den Austausch von Produktionsdaten entstanden sind. Die aktuellen FDM 3D Drucker haben nicht die Genauigkeit, Reproduzierbarkeit, Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit, um den Spritzguss für die dezentrale Produktion abzulösen. Geschweige denn, dass sie sich für etwas anderes als Kunststoffteile eigneten. Die Entwicklung von Technologie passiert in Schüben. Die heutigen generativen Fertigungsverfahren stammen aus den 80ern und 90ern. Der letzte Große Entwicklungsschub waren die ‚Desktop’-Geräte. Also Maschinen, die von den Anschaffungskosten und von der Größe her auf den Schreibtisch passen. Sie basieren auf denselben 80er Jahre Technologien. Eine massentaugliche Ablösung dieser Verfahren ist nicht in Sicht.

Was ist, wenn die von Designern, Ingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern, Sozialforschern, Politikern, Investoren vielbeschwörte Revolution in der Fertigung noch ein wenig auf sich warten lässt? Oder wenn sie gar ganz anders kommt als man sich das vorgestellt hat?

Als man 1957 die Boeing 707 vorstellte war sie mit 917km/h Reisegeschwindigkeit das schnellste Passagierflugzeug der Welt, mehr als doppelt so schnell als noch in den Vierzigern. Jeder Beobachter von damals würde nicht glauben, dass man im Jahr 2011 eine Boeing 787 mit einer Reisegeschwindigkeit von 903km/h vorgestellt hat. Willkommen, wir befinden uns gerade in den 50ern der dezentralen Fertigungsverfahren!

Mit kleinen und dezentralen Verfahren wie Lasercutting, CNC-Fräsen und 3D Druck lässt sich bislang nur ein Bruchteil der klassisch industriellen Produktionsverfahren ablösen. Bis auf einige wenige plakative Anwendungszwecke wie Prothesen oder Turbinenschaufeln haben generative Verfahren an der globalen Güterproduktion noch keinen nennenswerten Anteil. Dazu funktioniert die gute alte Rohstoffpumpe, die unser globales Produktionssystem antreibt, einfach noch viel zu gut.

Betriebswirte und Marketingspezialisten haben den Begriff „Industrie 2.0“ und „Industrie 4.0“ geprägt (Ed.: Gab es eigentlich ein 3.0 oder habe ich das verschlafen?). Dabei sind große Teile der Welt noch nicht einmal bei Industrie 1.0, also weitestgehend industrialisiert. Und das wird auch so bleiben, falls nicht die Dezentralisierung schon getrennt von der Technisierung stattfindet. Bloß weil 3D Drucker billiger geworden sind als früher, wird man nicht mit der dezentralen Produktion von Handy-Hüllen in Somalia anfangen.

Die Dezentralisierung der Produktionswirtschaft ist eine der größten politischen und gesellschaftlichen Aufgaben vor welcher die Menschheit heute steht. Eine dezentrale Produktion ist eine Chance, den Rohstoffausstoß zu reduzieren indem Bedarfsgerecht produziert wird, ohne Überschuss und übermäßige Lagerhaltung. Automatisierung sorgt für immer weniger Bedarf an körperlicher Arbeit, Dezentralisierung der Produktion würde für eine gerechtere Arbeitsverteilung und eine geringere Massenarmut sorgen. Kulturelle Vielfalt wie auch individuelle Ästhetik kann durch dezentrale Produktion gewinnen, indem maßgeschneiderte Produkte möglich werden, die jeweils in Form und Material abweichen, dennoch auf bewährten Standards basieren.

Auch wenn dezentrale Produktion momentan noch der Bremsklotz für eine breitere Open Design Kultur darstellt, ist zu erwarten, dass sie kommen wird. Es wäre nicht verwunderlich, wenn es aber noch mehrere Jahrzehnte dauert, bis die Weichen dafür gestellt sind. Bis dahin wird man sehen, wie sich Open Design in der Zwischenzeit entwickelt.

Anhang

Quellen

Tabellen

Hilfsmittel

Diese Webseite wurde manuell in Notepad++ erstellt, die Tabellen in Numbers und Apple TextEdit.
Grafiken wurden mit GIMP 2.8 bearbeitet, sofern nicht per Java-Script generiert. Die Webseite nutzt folgende Java-Script Bibliotheken: Die interaktiven Diagramme wurden mit der Java-Script Bibliothek D3 erstellt. Beispiele:

17.01.2016 David Burkhardt