Meine Arbeit soll dazu einladen, sich mehr mit dem Teilen von Entwürfen auseinander zu setzen. Wie funktionieren Gemeinfreiheit, Urheberrecht und Open Source Lizenzen, wie funktioniert globales Design? Was ist der Entwicklungsstand von Plattformen für Entwürfe? Wie lassen sich die Arbeitsmethoden von Designern Weiterentwickeln?
Die Softwareindustrie ist die sich am schnellsten entwickelnde Branche des 21. Jahrhunderts. Einen großen Anteil daran hat der Geist von Open Source, dessen Methoden und Systeme für Maßstäbe an Interoperabilität gesorgt haben. Open Source ist eine Basis für viele kleine Unternehmen und Projekte, aber auch Firmen wie Apple und Google, größer als so mancher Rohstoffkonzern oder Autobauer. Sie bedienen sich gleichermaßen an Open Source Gütern. Was kann man lernen, an Methoden und Werten? Welche negativen Trends der Softwareindustrie lassen sich bei der Anwendung im Design besser vermeiden?
Diese Arbeit soll kein Manifest oder theoretisches Konzept sein, sondern ein praktisches Handbuch für Designer, die an Open Design und der Organisation von Selbstorganisation durch digitale Methoden interessiert sind.
Designer sind allerdings nicht allein. Auch Kulturschaffende, Musiker und Filmemacher sind Werkzeuge und Macher der Globalisierung und ihrer negativen Auswirkungen auf individuelle Kultur. Was aber kann Design besser machen? - Design könnte Vielfalt erhalten und fördern anstatt diese durch gleichförmige Serienproduktion zu unterdrücken. - Design könnte dezentrale Produktion ermöglichen, in der lokale Handwerker wieder eine Rolle spielen und nicht die Fabrikbesitzer und Marken. Das umzusetzen ist aber mit der herkömmlichen Funktionsweise der Industrie und der darin verankerten traditionellen Aufgabe des Designers nicht vereinbar. Die Rolle als Zulieferer des Produzenten ermöglicht dem Designer gar nicht erst diesen Einfluss. Auch das Selbstverständnis als professioneller Gestalter ist untergraben, wenn plötzlich massenhaft unkuratierte Kopien der eigenen Entwürfe auftauchen. Denn das ist es, was Vielfalt in der Serienproduktion bedeutet. Dezentrale Produktion, das bedeutet auch wesentliche Anteile an der Gestaltung dem Handwerker zu überlassen, bzw. keinen Einfluss mehr darauf nehmen zu können. Ein derart offenes Design erfordert einen neuen, offeneren Umgang mit Immaterialgut unter Designern.
Übertragen auf Gestalter, Kulturschaffende Urheber bedeutet das: Ein im praktischen wie auch im ästhetischen Sinne guter Entwurf hat dann den meisten Nutzen für die Gesellschaft, wenn möglichst viele Menschen die Produkte oder Erzeugnisse, die er erschafft, nutzen können. Je häufiger das Erzeugnis benutzt wird, desto mehr Nutzen kann die Gesellschaft daraus ziehen. Auch wenn es sich bei Produkten und Designerzeugnissen meist nicht um digitale, einfach kopierbare Erzeugnisse handelt, wie bei Software über die Stallman schreibt, trifft dies doch auch auf den Entwurf, bzw. die Idee selber zu. Es sind sind Immaterialgüter, die mit digitalen Mitteln praktisch in beliebiger Anzahl kopiert und verteilt werden können. Wenn eine Umsetzung eines Entwurfs einen Mehrwert für die Gesellschaft hat, dann ist die Nutzungsfreigabe des Entwurfs ebenso einer. Dem Interesse der Gesellschaft an der möglichst umfassenden Nutzung eines Entwurfs steht aber das persönliche Gewinnstreben entgegen, das eine Beschränkung der Nutzung und exklusive Lizenzen fordert. Das liegt daran, dass ein verbreitetes Vergütungsmodell für Gestalter die Nutzungsvergütung ist, das heißt Lizenzgebühren bzw. Umsatzbeteiligung. Das Modell der Nutzungsvergütung beschränkt also die Nutznießer des Entwurfs bzw. der kreativen Idee auf diejenigen, welche Lizenzgebühren dafür bezahlen.
Darüber hinaus haben Urheberrechte und Lizenzen auf Ideen auch einen schädlichen Einfluss auf die Nutzungsmöglichkeiten anderer Menschen.: “Control over the use of one's 'ideas' really constitutes control over other people's lives; and it is usually used to make their lives more difficult." 3
Die Forderung Stallmans ist nicht, gänzlich auf Vergütung zu verzichten. Aber die Art wie die Vergütung momentan implementiert wird sei destruktiv. Es gibt jede Menge andere Vergütungsmöglichkeiten außer der Nutzungsgebühr. So wird man weiterhin Menschen finden, die bereit sind, qualifizierte Leute zu engagieren und zu bezahlen, ein bestimmtes Problem zu lösen. Nur können dann eben alle von der Lösung profitieren.
Nicht zu unterschätzen sind auch soziale Kontakte und Aufmerksamkeit, die durch öffentliche Nutzung möglich werden, was bei der klassischen Lizensierung nicht der Fall ist. Was könnte eine bessere Werbung für die fachlichen Qualitäten sein als ein weite Verbreitung?
Inhalt dieser Arbeit soll aber nicht sein, Vergütungsmodelle zu untersuchen oder zu entwickeln. Das würde den Rahmen einer Design-Diplomarbeit sprengen. Inhalte sind offene Plattformen und die praktischen und rechtlichen Möglichkeiten. Es gibt aber andere Autoren die sich mit der Frage nach gerechteren Vergütungsmodellen beschäftigt haben:
Viele dieser 3D-Modelle von Einzelteilen modelliere ich selber in CAD Software und führe wenn nötig Berechnungen anhand von selbst zusammengestellten Formeln und Messpunkten durch. Viele Normteileanbieter wie Misumi, Würth, Molex, PEM Fastener etc. haben jedoch auch eigene CAD-Datenbanken aus denen man fertige 3D Modelle und technische Datenblätter herunterladen kann. Auch Hersteller-unabhängige Tauschplattformen wie grabcad.com oder traceparts.com sind im Ingenieurwesen weit verbreitet. Im Produktdesign gibt es ebenso wie in der Industrie Standards und normative Konstruktionsteile. Das ist praktischer Natur: Wiederkehrende Konstruktionsprinzipien werden durch Abstraktion zu Standards vereinfacht. Der Zugriff auf Standard- Konstruktionsteile erweitert für Designer die Möglichkeiten zum Entwurf komplexer Produkte, da er sich nicht mit der Serienreife untergeordneter Einzelkomponenten beschäftigen muss, sondern nur mit der Reife des Gesamtentwurfs und der Integration.
Außer der Datenbanken von CAD-Hersteller und Normteileanbietern gibt es mittlerweile aber auch viele Plattformen für freie Entwürfe. Thingiverse, Youmagine, Github (nicht auf Entwürfe beschränkt), treasure island, reppable um nur ein paar zu nennen. Handwerker, Informatiker, Physiker, Hobbyisten, Leute die man als 'Makerszene' bezeichnet, sind unter den Benutzern dieser Plattformen.
Ich behaupte, es können gerade auch professionelle Gestalter von der Verwendung freier Plattformen in ihrem Alltag profitieren. Dabei geht es mir nicht nur um die Entwürfe an sich, sondern auch um die Arbeitsmethoden, wie Entwürfe gemeinschaftlich entstehen können.
Github wird heutzutage zum Beispiel benutzt, um Open Source Raketensteuerungen zu entwickeln, um die CERN Experimente am LHC weiterzuentwickeln oder um erdähnliche Planeten zu finden. 8Die Git-Software wurde ursprünglich entwickelt, um den Kern des Linux Betriebssystems weiter zu entwickeln. Aber was tausende freiwillige Softwareentwickler verwenden, um ihre Arbeit selbst zu organisieren und verschiedene Versionen immer wieder zusammen zu führen, ist offensichtlich auch sehr gut geeignet, um gemeinschaftlich an wissenschaftlichen Texten zu arbeiten.
Gemeinschaftliche Entwürfe, Social Design oder globale Designprojekte können von Anfang an auf freie Lizenzen setzen. Damit ist gesichert, dass jeder Teilnehmer der gemeinschaftlichen Entwicklung dieselben, vollumfänglichen Rechte am Projekt behält.
2. Plattformen
Im nächsten Teil wird das Thema freie Lizenzen diskutiert. Lizenzen sind wichtig für die Frage für den Anwender, was die Veröffentlichung eines Werks auf einer offenen Plattform, oder Andere bedeutet und was aufgrund von Schutzrechten eventuell eingeschränkt ist:
3. Lizenzen
Im letzten Teil möchte ich eine Zusammenfassung und einen persönlichen Ausblick in eine mögliche Zukunft von freiem Design geben:
4. Ausblick
Und 'frei', das bedeutet nicht etwa kostenlos, wie in 'Freibier'. Frei bedeutet im Zusammenhang mit Open Source, dass auf die Quellen, Verfahren und Produktionsdaten, die Rechte für Ansicht, Vervielfältigung, Weitergabe und Veränderung, gewährt werden.
Diese Definition der 'Vier Freiheiten', stammt aus dem Bereich der Free Software.
In dieser Arbeit werden auch Plattformen und Lizenzen erklärt, die nicht dieser Definition von Freiheit entsprechen, zum Beispiel Werke die zwar Open Source sind, aber kommerzielle Nutzung ausschließen.
Das Gegenteil von Open Source, ist "Closed Source", bzw. 'proprietär'.
Relevanz anhand von Größe und Verbreitung der Plattform. Inhaltlicher Schwerpunkt: Um möglichst vielseitige Optionen für Gestalter anschaulich zu machen, werden Plattformen mit möglichst unterschiedlichen Schwerpunkten betrachtet. Anstelle besonders ähnliche Plattformen zu vergleichen, ist Diversifikation ein Auswahlkriterium.
Ausschlusskriterien: Einige Plattformen wären zwar geeignet, um auch
von Gestaltern genutzt zu werden, entsprechen aber aus Gründen fehlender
Offenheit, restriktiver Nutzungsbestimmungen, anders gesetzten
inhaltlichen Schwerpunkten, fehlenden kollaborativen Funktionen, etc., nicht dem in dieser Arbeit gesetzten Fokus auf
Offenheit und Zusammenarbeit. Siehe auch unter andere Plattformübersichten. ↓
Tabelle mit ausgewählten Plattformen im Vergleich ↓
thingiverse.com ist eine Webseite der Firma Makerbot Industries LLC und ein Verzeichnis für Entwürfe in Form von digitalen Datensätzen.
Makerbot stellt 3D Drucker für den Privatgebrauch her. Der durchschnittliche Thingiverse-Benutzer ist also kein berufsmäßiger Designer. Das sieht man auch an den Schwerpunkten der eingestellten Objekte. Neben Ersatzteilen für Haushaltsgeräte, 3D Druckern, Werkzeugen, findet man auch viele Spielzeuge, Figuren, Modellbauteile.
Es dient der Verteilung, dem Tausch und der Weiterentwicklung, zur Ermöglichung einer dezentralen Produktion von Produkten und Alltagsgegenständen. Die Entwürfe sind unter Open Source Lizenzen veröffentlicht und daher gebührenfrei weiterverwendbar. Ein großer Teil der Entwürfe sind technischer Natur wie Ersatzteile für Konsumprodukte. Thingiverse ist außerdem ein Beispiel für die Geschichte, Firmenpolitik und den Umgang mit Nutzern in einer Plattform, die zwar kostenlos ist und sich an Open Source Prinzipien orientiert, aber auch eigene Ziele als privatwirtschaftliche Firma verfolgt.
Das Reprap Projekt führte zur Entwicklung von mittlerweile hunderten verschiedenen 3D Drucker Varianten, die alle auf gemeinsamen Entwicklungsgrundlagen basieren. Kern der Reprap-Geräte ist, dass sie selber mithilfe eines 3D Druckers einfach und günstig herzustellen sind und nur auf einem Minimum an verfügbaren Normteilen basieren. Die FDM Technik wurde unabhängig von der vorhandenen 3D Druck Industrie selber entwickelt, in einem Bruchteil der Zeit und des Aufwandes, den die proprietären Firmen in den 80ern dafür gebraucht hatten. Dieser Erfolg wurde durch mehrere Faktoren und Umstände begünstigt.
Das Reprap Projekt konnte für die Steuerung der Maschine auf eine einfach zu programmierende Mikrokontroller-Umgebung zurückgreifen. Das Arduino Projekt aus Italien produzierte 2006 die ersten 200 Platinen und die Software, mit der man einfache Mensch-Maschinen Interaktion ausprobieren und lernen kann. Die Software basierte auf Processing 16 , einer Programmiersprache und Entwicklungsumgebung, die vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) speziell für Gestalter und Künstler konzipiert wurde. Processing ist vor allem zu Generierung von visuellen und interaktiven Formen konzipiert, Arduino dagegen für physische Interaktion, Mess-, Schalt- und Regelkreise.
Ein weiterer günstiger Umstand für das Reprap Projekt ist der Preisverfall von Schrittmotoren und Linearführungen Ende der 2000er Jahre durch verstärkten globalen Wettbewerb. Nicht nur Industriehändler wie die japanische Misumi Group oder lokale Normteilehändler bieten Zugang zu Maschinenbauteilen. Handelsplattformen wie Alibaba.com verringern die Großhandelsmarge, indem sie für provinzielle Motoren- und Wälzlager-Hersteller den Direktvertrieb ermöglichen. Der Preisverfall betrifft auch Maschinen, die auf diesen Teilen basieren, wie computergesteuerte Fräsmaschinen und Co2 Laser- Schneidmaschinen, Fertigungsmethoden die ebenfalls für die digitale Reproduktion geeignet sind.
Die Mediagoblin Software hat ähnliche Funktionen wie Thingiverse, ist allerdings ebenfalls für andere digitale Medien gedacht, wie Bilder, Videos, Musik. Mediagoblin ist damit auch eine dezentrale Alternative zu Youtube, Flickr oder DeviantArt.27
Mediagoblin basierte Datenbanken für 3D Modelle sind momentan noch schwierig in der praktischen Nutzung. Aufgrund der fehlenden Anbindung an Suchmaschinen oder Aggregatoren, würde eine Fragmentierung entstehen, die offene Zusammenarbeit erschwert.
Die Entwickler des Kernels verwalten und verändern Code, also Text, gemeinschaftlich und hatten dazu bis 2005 ein Versions-Verwaltungs-Programm namens Bitkeeper im Einsatz. Nach dessen Einstellung, suchte man nach einer Alternative, um das Projekt mit rund 2000 freiwilligen Mitarbeiter und den rund 5 Millionen Zeilen zählenden Code zu verwalteten. Man stellte schnell fest, dass nur eine Eigenentwicklung den Ansprüchen gerecht werden könnte: Maximale Geschwindigkeit Einfachheit und Unterstützung für nicht-lineare Entwicklungsprozesse mit tausenden parallelen Strängen.
Mit komplett verteilten Daten, skalierbar, auch auf sehr große Projekte und Mitarbeiterzahlen unterscheidet sich Git technisch radikal von anderen Versions-Verwaltungen, was einige praktische Vorteilen bietet. Frühere Versions-Verwaltungs-Systeme arbeiteten meistens mit einem zentralen Projektarchiv. Dabei ist klar zugeordnet, welcher Mitarbeiter welchen Stand übertragen hat und für jede Datei gibt es eine Änderungshistorie. Git fährt eine andere Strategie. Statt mit einem einzelnen zentralen Projektarchiv zu arbeiten, verfügt jeder Mitarbeiter über ein eigenes Projektarchiv, seinen ‚branch‘ , in dem alle Daten liegen, an denen er arbeitet. Änderungen werden erst lokal gespeichert, was sich ‚commit‘ nennt. Dann wird ein ‚Pull request‘ an die zentrale Instanz des Projektarchivs gestartet. Verwalter der zentralen Instanz können diese Änderungen dann annehmen, was mit ‚merge‘ bezeichnet wird. Gibt es einen Konflikt mit anderen Änderungen im selben Zeitraum kann Git die Unterschiede der Versionen anzeigen und zusammenführen ‚merge conflict‘ oder eine eigenständige Version weiterführen, einen sogenannten ‚fork‘. Alle Änderungen werden in ‚Snapshots‘ gespeichert, die das gesamte Projekt zu jedem bestimmten Zeitpunkt darstellen können. Damit ist es auch möglich, die Version eines einzelnen Authors anzuzeigen, bzw. in einem ‚merge’ nur bestimmte Änderungen zu übernehmen ohne die Gefahr, dass sich dabei veraltete Versionen von anderen Abschnitten wieder einschleichen können.
Git hat sich als Versions-Verwaltung in den letzten fünf Jahren sehr
rasch verbreitet. Selbst der frühere Linux-Rivale Microsoft hat
mittlerweile Entwicklungsprojekte auf Git umgestellt, anstelle des
eigenen Produkts ‚TFVC’ (Team Foundation Version
Control).32
Ursprünglich ist Git ein
Kommandozeilen-Programm ohne grafische Oberfläche. Doch längst gibt
es grafische Git-Programme für jedes Betriebssystem und Webseiten
basierte Steuerungen für die zentrale Komponenten.
Der Einzug von Git in kleinere, unabhängige Projekte und andere Branchen außerhalb der reinen Softwarentwicklung hat aber erst mit Github und anderen Git Onlineangeboten angefangen, die Git um eine Weboberfläche erweitern.
Github löst damit Sourceforge ab, die bis dahin größte
Onlineplattform für Open Source Software. Github ist damit die
größte Datenbank für Projekte weltweit, mit über 12 Millionen
Nutzern und mehr als 30 Millionen Projekten.33
Neben der Programmierung wird
Github mittlerweile auch in anderen Schwerpunkten eingesetzt, bei
denen es auf kollaborative Textbearbeitung ankommt.
Für Designer hervorzuheben ist, dass Github auch für das Hosting von eigenen Webseiten verwendet werden kann. Außerdem Unterstützt Github die Anzeige von 3D Dateien im .STL Format, die für 3D Drucker verwendet werden und Photoshop Dateien. Die Versionsverwaltung, Vergleiche und Zusammenführungen können also auch für 3D und 2D Dateien verwendet werden.
Neben seinen Gründern und einigen Mitarbeitern besitzen den größten Teil an Github die Investoren Andreessen Horowitz und die Sequoia Capital Gesellschaft. Bei beiden handelt es sich um Venture-Kapitalisten die auf hohen Profit bei hohem Risiko abzielen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Einfluss auf das Geschäftsmodell von Github nehmen, z.B. sobald eine marktbeherrschende Stellung abgesichert ist. Normalerweise verdienen derartige Kapitalgesellschaften aber am Ende durch den Verkauf der Firma an einen der IT-Riesen wie Google, Apple, Microsoft, Samsung, IBM, Oracle.
Da die Projekte selber auf Github ja frei und Open Source sind, wären negative Auswirkungen auf die Nutzer nur gering. Ein Projekt kann zu einem Mitbewerber oder auf einen selbst gehosteten Service umziehen. Wenn man diese Unabhängigkeit sowieso in Betracht zieht, stellt sich aber die Frage, wieso man nicht gleich auf von Anfang an freie Lösungen wie Gitlab setzt.
Es gibt aber auch einige professionelle Möbelbauer, Handwerker und Designstudenten, die ihre Entwürfe auf Instructables veröffentlichen. Die meisten Projekte auf Instructables sind unter Lizenzen veröffentlicht, die gewerbliche Nutzung ausschließen. Dies gilt aber soweit nur für die Weiterverwendung des Artikels, der Bilder und sonstiger Dateien aus dem Artikel, also für die urheberrechtlichen Werke. Das Durchführen der beschrieben Arbeittschritte und Verfahren, etc. ist dann aber nicht durch die Lizenz eingeschränkt, und wäre höchstens anderweitig durch Patent- oder Gebrauchsmuster einschränkbar. Siehe dazu den Abschnitt zur Anwendbarkeit des Urheberrechts für Design.
Die Plattform kann ebenso wie Thingiverse auf eine längere Geschichte zurückblicken als die meisten Mitbewerber und gilt daher als Marktführer.Der Öffentlichkeit präsentiert haben die beiden Entwickler ihr Projekt auf der Konferenz ‚Foo Camp’. Das Foo Camp selber ist eine sich inhaltlich selbst organisierende Veranstaltung, mit parallelen zu einem Wiki oder manchmal auch als ‚unconference‘ bezeichnet.
Damit ist Grabcad hauptsächlich ein Outsourcing-Vermittler für Ingenieurs-Dienstleistungen und die Bibliothek ist keine offene Plattform, sondern ein großes Portfolio. Kritisch zu beurteilen ist, dass Urheber Grabcad durch das Einstellen laut den 'Terms of use' automatisch eine kommerziell nutzbare Lizenz für die hochgeladenen Inhalte erteilen. Der Plattformbetreiber erhält also genau die Lizenz für freie Nutzung, die dem gewöhnlichen Grabcad Nutzer verwehrt wird.
Die Vermutung liegt nahe, dass Grabcad die Ähnlichkeit mit einer offenen Plattform aus Marketingründen gewählt hat. Zum Beispiel der Begriff "free CAD Models" und die Durchsuchbarkeit der Bibliothek für nicht angemeldete Nutzer, sind Merkmale, die den Eindruck erwecken, es handelt sich ebenfalls um eine Plattform für freie Open Source Entwürfe.
Damit nutzt man ein existierendes Momentum im Netz für das eigentliche Geschäft, eine Jobbörse für Ingenieure. Grabcad ist für Ingenieure das, was MyHammer oder Craigslist für Handwerker ist.
Dass die Limitierung von Downloads und das Belohnungssystem von Grabcad Nutzer dazu zwingt, eigene Modelle hochzuladen, lädt zum kopieren von echten offenen Plattformen ein. Die Ergebnisse sind dann leider nicht mehr frei Open Source, was in einigen Fällen ein Verstoß gegen die Lizenzbedingungen der Open Source Werke ist.
Passend dazu ist der Umstand, dass Grabcad ebenfalls wie Thingiverse
von Stratasys gekauft wurde, dem Weltmarktführer für professionelle
3D Drucker. Die Aquisition wurde 2014 für 100Millionen Dollar
abgeschlossen.44
Wenig
später schon wechselte der Gründer und CEO von Grabcad Hardy
Meybaum zur Investment Gruppe ‚Matrix Partners’.
Siehe dazu auch die Alternativen im jeweiligen Schwerpunktgebiet:
Die nächstgrößere Gruppe gewährt gar keine Weiterverwendungsrechte, z.B. wenn es sich um Magazine oder kommerzielle Dienstleister handelt.
Wer nicht alle Rechte aufgeben möchte, sondern seine Werke nur unter bestimmten Bedingungen teilen möchte, kann eine differenzierte Lizenz wählen, was soviel wie ‚some rights reserved‘ bedeutet.
Während das Produkt und die Funktionsweise an sich also nicht urheberrechtlich geschützt sind, jedoch der Entwurf, Grafiken, die Darstellung und Beschreibung der Idee und die angehängten Texte urheberrechtlich geschützt sein. Dazu muss das Werk nach § 2 Abs. 2 UrhG eine „persönliche geistige Schöpfung“ sein und die Merkmale „Originalität“ und „Schöpfungshöhe“ vorweisen.
Ähnlich wie früher schon der Fotografie, wurde dem Design in der Vergangenheit, die künstlerische Anerkennung verwehrt. Aber Werbefilme, Plakate, Slogans, Jingles etc. sind im Rahmen der 'sogenannten' kleinen Münze urheberrechtlich schutzwürdig, was die Auslegung der Gestaltungshöhe im Werkbegriff des UrhG verdeutlicht. Ein Urteil des BGH vom 13.11.2013 ( AZ I ZR 143/12 )62 hat die Position von Design als Werk deutlich bestätigt, indem festgestellt wurde, dass an die angewandte Kunst kein anderer Maßstab gelegt werden sollte, als an die zweckfreie Kunst. Am Bild aus den Prozessunterlagen lässt sich interpretieren, wie weit der 'Werkbegriff' des UrhG reicht:
Gegenüber dem Geschmacksmuster für Design hat das Urheberrecht eine Reihe von Vorteilen. Es hat einen längeren Schutzzeitraum als Patent, Gebrauchs- und Geschmacksmuster und es tritt automatisch, ohne Anmeldung und Gebühren in Kraft.
Das Urheberrecht ist außerdem ein persönliches Recht, was es von gewerblichen Schutzrechten unterscheidet, die sich auf Körperschaften beziehen. Die rechtliche Auffassung, ob Design unter das Urheberrecht fällt oder nicht, hängt also auch davon ab, ob der Designer als Einzelperson Auftritt und eine eigenständige persönliche Leistung erbringt. Ein selbständiger Designer, der ohne Auftrag aus eigener Motivation einen Entwurf anfertigt, ist zweifelsohne Urheber im Sinne des UrhG. Diese Auffassung vertritt auch die auf Designrecht spezialisierte Urheberrechtsanwältin Margarete May.63
Der politische Aktivist und Softwareentwickler Richard Stallman arbeitete in den 70er Jahren in den Al-Labs am MIT.64 Bis dahin war es durchaus üblich, dass Softwareentwickler im Wissenschaftsbetrieb ihren Quellcode untereinander austauschten.
Mit dem Aufkommen des Personal Computers änderte sich aber nicht nur die typische Nutzerschaft vom Wissenschaftler oder Programmierer zum unbedarften Endnutzer. Es entstanden auch eine Reihe von Firmen, die sich darauf spezialisierten, Software für diese Heimcomputer zu entwickeln. Neben dem Verkauf von Datenträgern und Einzellizenzen für die Nutzung einer Software entstanden schnell auch Geschäftsmodelle, die per Benutzerlizenz, Zugriffslizenz, Lizenzzeitraum etc. die Benutzung einschränkten.
Stallman beschreibt eine „destruktive“ Entwicklung, bei der wissenschaftliche Kollegen, Absolventen etc. aufhörten ihre Programme in Quellcode zur Verfügung zu stellen, sondern Unternehmen gründeten, die nicht mehr lesbaren Maschinencode, sogenannten Binärcode unter verschiedenen Lizenzbedingungen auslieferten.
Stallman formulierte seine Ideen kompromisslos und für Kritiker zu radikal, traf aber damit den Nerv von vielen Entwicklern. Deshalb startete er 1983 das GNU (Gnu is not unix) Softwareprojekt, um den „den Geist der Kooperation, der in den frühen Jahren der Computergemeinschaft vorgeherrscht hatte, wieder zu beleben“.65
Ergebnisse des GNU Projekts sind unter anderem der Linux Kernel und das daraus entstandenen Betriebssystem.
Free software is often available for zero price, since it often costs you nothing to make your own copy. Thus the tendency to confuse ``free'' with ``gratis''. For hardware, the difference between ``free'' and ``gratis'' is more clear-cut; you can't download hardware through the net, and we don't have automatic copiers for hardware. (Maybe nanotechnology will provide that capability.) […] Because copying hardware is so hard, the question of whether we're allowed to do it is not vitally important. I see no social imperative for free hardware designs like the imperative for free software. 67
Interessanterweise ist diese Zeit, in der Rohstoffe fast nichts kosten und Kopiergeräte existieren, die praktisch ohne menschliche Arbeit Gegenstände herstellen können, früher gekommen als Stallman es erwartet hat. 3D Drucker, Lasercutter, CNCfräsen und die Rohstoffe dafür haben sich in den letzten Jahrzehnten um mehrere Größenordnungen vergünstigt.
Die GPL ist daher Vorreiter für viele ähnliche Lizenzen mit anderen inhaltlichen Schwerpunkten wie Design, Kunst, Musik, Kultur, wissenschaftliche Arbeiten, Dokumentation und Literatur.
„If copyright regulates “copies,” then while a tiny portion of the uses of culture off the net involves making “copies,” every use of culture on the net begins by making a copy. In the physical world, if you read a book, that’s an act unregulated by the law of copyright, because in the physical world, reading a book doesn’t make a copy. On the Internet, the same act triggers the law of copyright, because to read a book in a digital world is always to make a “copy.” Thus, as the world moves online, many of the freedoms (in the sense of life left unregulated by the law of copyright) disappear. Every use of copyrighted content at least presumptively triggers a requirement of permission. The failure to secure permission places a cloud of uncertainty over the legality of the use.“ 68
Durch den digitalen Akt des Kopierens, der also jedem über das Internet aufgerufenen Werk anhaftet, entsteht eine unter urheberechtlichen Gesichtspunkten lizenzbedingende Situation. Das mag für den Privatmenschen noch nicht kritisch sein, da privat ein juristisch, urheberrechtlicher Freiraum existiert, kreiert aber für Institutionen, Organisationen und Firmen ein reales rechtliches Problem.Noch kurz vor Lessigs „Creative Commons“ entstand eine Bewegung um die Pariser Künstler Antoine Moreau und Isabelle Vodjdani die sich im Jahre 2000 zu mehreren öffentlichen Gipfeln unter dem Titel „Copyleft Attitude“ treffen. Das Ergebnis ist die Lizenz Artlibre bzw. in der englischen Fassung die Free Art License (FAL).
„Dort, wo die Urheberrechte im Bereich von Kunst und Literatur zu einer Beschränkung der Verwendung ihrer Werke führen, bemüht sich die Lizenz « Freie Kunst » effizient zu intervenieren, um den Zugang zur Kunst zu erleichtern. Die Lizenz vertritt folgende Absichten : Vereinfachung des Zuganges zu den Ressourcen eines Kunstwerkes sowie die Ermächtigung der Allgemeinheit zur Weiterverwendung ebensolcher. Von Kunst Nutzen zur grösstmöglichen Freude aller zu ziehen, neu Bedingungen des künstlerischen Schaffens zu erstellen, um die Möglichkeiten des Schaffens zu vervielfachen, wobei die Urheberrechte in ihrer Gültigkeit unangetastet bleiben.“69
Die FAL 1.3 entspricht in ihrer Wirkung der Creative Commons Lizenz BY-SA 4.0. Lizensierte Werke der einen oder anderen Lizenz können also zusammengeführt, verändert und unter einer von beiden Lizenzen weitergegeben werden.Die Free Art License ist besonders hervorzuheben wegen ihrer direkten Formulierung und dadurch leichten Verständlichkeit. Zudem ist sie relativ kurz. Trotzdem ist bisher keine Rechtsauffassung bekannt, in der die FAL als rechtlich unsicher bezeichnet wird. Wer also nicht blind dem langen Creative Commons Lizenztext vertrauen mag und wert darauf legt die Lizenz für seine Werke komplett zu kennen, dem ist die FAL empfohlen. Einschränkend muss man aber sagen, dass die aktuellste Version der FAL international bisher nur in Version 1.3 vorliegt, die Deutsche ist noch auf 1.1 und daher leicht unterschiedlich gegliedert. Zudem ist die FAL eine Lizenz mit Copyleft und erlaubt kommerzielle Weiternutzung. Sie entspricht der CC-Lizenz 'CC-BY-SA'. Wenn man also andere Lizenzrechte gewähren möchte als in dieser Version, stehen nur die CC Lizenzen zur Verfügung.
Als Reaktion auf die Komplexität der GPL, sind außerdem Lizenzen wie die WTFPL (What the Fuck Public License) oder die Beerware-License entstanden. Folgende Lizenz ist aus Abneigung der Rechtsförmlichkeit der GPL entstanden:
[…] I think the GNU license is a joke, it
fights the capitalism it so much is against with their own tools, and
no company is ever going to risk any kind of proximity to so many so
vague statements assembled in a license. […]
/*
*----------------------------------------------------------------------------
* "THE BEER-WARE LICENSE" (Revision 42):
* <phk@FreeBSD.ORG> wrote this file. As long as you retain this notice you
* can do whatever you want with this stuff. If we meet some day, and
you think
* this stuff is worth it, you can buy me a beer in return.
Poul-Henning Kamp
*----------------------------------------------------------------------------
*/ http://people.freebsd.org/~phk/ *70
Die GPL hat Copyleft erfunden und damit das effektiv am schärfsten wirkende Copyleft unter den freien Lizenzen. Der Software-Kontext bewirkt, dass Projekte und Codeteile teilweise nicht zusammengeführt oder zusammen benutzt werden, obwohl beide unter einer freien Lizenz stehen. Copyleft, also das verbindliche Veröffentlichen von veränderten Versionen des Werkes unter denselben Bedingungen, erfordert eine prinzipielle Bedeutungsgleichheit der Lizenzen, wenn man zwei Werke miteinander kombinieren will. Ist diese Kompatibilität der Lizenzen nicht gegeben, verbietet das Projekte, die ihre Quellen aus unterschiedlich lizensierten Werken beziehen. Kritiker bezeichnen diesen Effekt als Schisma zwischen den Inhalten unter verschiedenen Lizenzen.71 In der Creative Commons Lizenz ist daher eine Ausnahme für „Kollektionen“ vorgesehen, auf die share-alike nicht angewendet werden muss ,wenn Werke nur einen kleinen Teil der Kollektion darstellen und nicht modifiziert wurden.
Die FAL hat ebenfalls ein Copyleft, dass eine Möglichkeit offen lässt, das Werk in eine größere Arbeit zu integrieren ohne dass diese vom copyleft betroffen ist. Die Vorraussetzung dafür ist, dass das Werk an sich noch einzeln unter der FAL abrufbar ist.72
Dem Urheber allein ist es möglich, eine Lizenz zu erteilen, die von 'share-alike' nicht betroffen ist. Diese Lizenz existiert dann parallel zu der von ihm gewählten freien Lizenz. Dem Urheber ist es damit möglich, ein Derivat von seinem Werk nicht mehr unter der freien Lizenz zu veröffentlichen. Dieses Recht kann er auch auf einen Dritten übertragen, zum Beispiel gegen eine besondere Vergütung. Es gibt also keine 'one way' Probleme durch das Copyleft, welche die Welt in Open Source und Closed Source aufteilen. Um den Weg von Open Source wieder zu verlassen, muss ein Derivat von, bzw. mit Erlaubnis des Autors hergestellt werden. Dieselbe Erlaubnis, die man auch braucht um mit etablierten 'Closed Source'-Methoden ein Werk eines Autors zu lizensieren.
Kommerzielle Nutzung kann je nach Rechtsraum aber unterschiedlich ausgelegt werden. In Deutschland ist zum Beispiel eine Abgabe zum Selbstkostenpreis auch eine kommerzielle Nutzung. Auch Verkäufe zugunsten gemeinnütziger Vereine sind nach deutscher Rechtsauffassung kommerziell. Im Angelsächsischen Rechtsgebrauch ist kommerzielle Nutzung dagegen etwas freier gefasst und beschäftigt sich mit Profit-Generierung. Auch hier kann aber eine Nutzung durch eine gemeinnützige Organisation, die damit Geld bzw. Spenden einsammelt, direkt mit der kommerziellen Nutzung durch den Urheber im Wettbewerb stehen und als kommerzielle Nutzung wahrgenommen werden.73
In der Praxis kann eine widerrechtliche Nutzung aber z.B. durch eine nachträgliche Lizensierung beim Urheber des Werkes legitimiert werden. Der Urheber erteilt also dem Mitglied einer Verwertungsgesellschaft eine einzelne nicht exklusive Lizenz, die neben der freien Lizenz besteht und erhält eine Vergütung wie sie bei Verstößen gegen die Verwertungsrechte üblich ist.
Die Inkompatibilität betrifft alle deutschen Verwertungsgesellschaften
in Kombinationen mit allen CC Lizenzen, wie auch die FAL.72
Im Einzelfall kann man die jeweilige Verwertungsgesellschaft dazu
befragen. Auf den Webseiten von VG Media, GEMA und VG-Wort wird
zumindest auf die Möglichkeit verwiesen, sich mit der jeweiligen Lizenz im
Einzelfall auseinander zu setzen. Bisher haben die genanten
Gesellschaften aber auch Lizenzen mit dem NC, also nichtkommerziellen
Zusatz abgelehnt.
Liste der inkompatiblen Verwertungsgesellschaften:
Es gibt sowohl politische wie auch wirtschaftliche Bestrebungen, die Kompatibilität herzustellen. Einerseits enthält die EU-Richtlinie 2014/26/EU, die zur Vereinheitlichung des Lizenzgeschäfts im Binnenmarkt Europa gedacht ist, auch einen Passus, der dem Urheber contra den Verwertungsgesellschaften Rechte an der nicht kommerziellen Verwendung einräumen soll.74
Andererseits gibt es Verwertungsgesellschaften in anderen Ländern, die bereits eine Parallelizensierung zulassen. Das ist zum Beispiel bei der dänischen KODA der Fall, die die kommerzielle Zweitverwertung (z.B. Radio) auch dann übernimmt, wenn das Stück vorher unter der CC-BY-NC im Internet veröffentlicht wurde.75
Die gängige Argumentation der Verwertungsgesellschaften ist, die Hochrechnungen der Nutzungen nur pro Künstler, und nicht pro Werk, abzustufen. Die Gegner behaupten, diese Abstufung wäre technisch mittlerweile möglich und die Weigerung bloß ein Machtspiel. Den Beweis möchte die Stiftung VG C3S antreten, eine neugegründete genossenschaftliche Verwertungsgesellschaft, die gerade auf ihre Zulassung vom Deutschen Patent und Markenamt wartet (Stand 12/2015). Den Schwung der Umsetzung der EU Richtlinie nutzend möchte die C3S nicht weniger als eine europaweite Verwertungsgesellschaft sein, die Künstler für einzelne Werke vertritt. Momentan möchte sich die C3S allerdings auf die Musikbranche beschränken.76
Für ein Projekt wie Arduino ist das fatal. Die Plattform richtet sich schließlich nicht an Fachleute, sondern an Designer und Künstler. Der Streit der beiden Gruppierungen sorgt für erhebliche Unklarheit und Verwirrung für Außenstehende und erhöht die Einstiegshürde beträchtlich.
Obwohl Arduino also fast alles richtig gemacht hat, also Lizenzen für Hard- Software und die Markenregistrierung bedacht hatte, stellte es sich als fatal heraus, keine interne vertragliche Regelung zwischen den Urhebern getroffen zu haben bzw. die Regelung der Markenrechte für die EU versäumt zu haben.
Klar erreichen die meisten Projekte nicht diese Größe, bzw. wenn der Erfolg winkt, kommen häufig auch die ersten Differenzen. Jedoch ist zu bedenken, dass das Arduino Projekt auch sehr klein angefangen hat und der Zeitraum der Entwicklung von 2008 bis jetzt sogar noch relativ kurz war. Wenn Regelungen nicht zum Projektstart getroffen werden, dann sollte es nachgeholt werden, spätestens wenn sich Erfolg einstellt. Das Argument, dass die meisten Projekte nicht die Größe eines Arduino Projekts erreichen, ist eher ein Argument gegen das Projekt als eines gegen eine klare Regelung unter Co-Autoren.
Doch die Zuordnung dieser Zahlen zu Open Design gestaltet sich als schwierig. Die CC unterscheidet zwischen „images, open educational ressources, research, videos, audio tracks, texts und other“. Die Werke in den Kategorien Forschung, Bildung und Andere ergeben zusammen lediglich 0,3% der statistisch erfassten Werke, was aber immerhin 1,5 Millionen sind.
Von thingiverse.com als größter Plattform für 3D Druck Entwürfe gibt es leider keine aktuellen Statistiken. Aber 2013 wurde die Marke von 100.000 Modellen gebrochen, mit einem exponentiellen Wachstum von zuletzt 20.000 im Monat..84
Die Analyse, was denn davon nun Open Design ist, war meine erste Idee für diese Arbeit. Glücklicherweise haben mich aber Professoren, Kommilitonen und die Recherche rund um das Thema, von solch einer trockenen aber mammutgroßen statistischen Analyse abgebracht. Viel interessanter ist nämlich die qualitative Betrachtung:
Michael Avital, ein Co-Autor von Open Design Now hat eine Kategorisierung in seinem Artikel85 vorgenommen. Das Modell nennt vier Grundlagen, die vorhanden sein müssen, damit Open Design stattfinden kann:
Die Ergebnisse der Untersuchung in Teil 2 dieser Arbeit legen den
Schluss nahe, dass die Plattformen mehr versprechen als sie halten.
Die
Offenheit ist begrenzt, im Fall von Trittbrettfahrer Grabcad überhaupt nicht vorhanden.
Im Fall von Thingiverse und Instructables, geht sie mit
Rechtsunsicherheit für den Urheber und mit möglicher
Kommerzialisierung durch
den Plattformbetreiber einher. Ist die Funktion, die Plattformen als
praktisches Element, für Open Design leisten sollen, damit weiterhin
ungelöst?
Die Untersuchung zeigt, dass es Alternativen gibt. Diese sind, obwohl sie nicht nicht im Fokus standen, trotzdem soweit untersucht worden, dass man sagen kann, dass es hier keine Probleme und Restriktionen in der Art der großen Plattformen gibt. Höchst spannend auch der dezentrale Lösungsansatz an dem das GNU Projekt derzeit arbeitet: ↑ Mediagoblin
Eine Aussage, welche Plattformen sich hier durchsetzen werden, kann man momentan nicht treffen, es ist noch alles offen. Momentan findet in Bezug auf neue Plattformen, neue Geschäftsmodelle und Märkte, ein ähnlicher Goldrausch statt, wie zur Anfangszeit des Automobils im späten 19. Jahrhundert. Dampf, elektrisch oder interne Verbrennung? Was die Investoren in diese Ideen und Plattformen nicht sehen ist, dass die vielen Ideen, 3D Modelle, Fotos und Anleitungen eigentlich nicht an die Marke des Unternehmens geknüpft sind, sondern im Wesentlichen an die Lizenz. Und die Lizenz kann man nicht kaufen und monetarisieren.
Für Autoren, die ihre Werke veröffentlichen wollen, spielt die Reichweite der Plattform eine Rolle. Relativ unbekannte, kleinere Plattformen können nicht dieselbe Außenwirkung erzeugen, wie die Veröffentlichung auf der führenden Plattform. Das verkennt allerdings, dass die journalistischen Magazine, wie die Make Zeitschrift, oder Hackaday Blog, als Medium eine weit größere Rolle spielen als ein Katalog wie Thingiverse oder Instructables. Das liegt einfach daran, dass Leser die nicht nach etwas bestimmtem suchen, eine kuratierte Auswahl von Artikeln gegenüber einer schwarm-generierten Auswahl bevorzugen. Thingiverse und Instructables versuchen durch ihre Wettbewerbe und die ‚featured‘-Kategorie den Stil eines Magazins nachzuahmen. Ein Blogartikel auf einer anderen Webseite, eine Erwähnung in einem journalistischen Artikel mit Link zu einer der Plattformen hat aber den weitaus größeren Werbeeffekt verglichen mit der Wahl der Plattform. Mit der Entstehung von News-Aggregatoren wie bld3r und Suchmaschinen wie yeggi.com ↑ verlagert sich die Außenwirkung möglicherweise noch weiter weg von den Plattformen.
Plattformen sind für den offenen Austausch zwar in der Praxis sehr wichtig. Umgekehrt ist die Einflussnahme, die Plattformen dadurch aber auf die Open Design Bewegung haben, nur begrenzt.
Eine Erfahrung haben die Verteidiger von Proprietären
Geschäftspraktiken beim Angriff auf die Wertebasis von Open Source
gemacht, wie beim Fall SCO vs Linux. Für Viele Beobachter ist der Fall
eng verknüpft mit der marktbeherrschenden Stellung von Microsoft
zu dieser Zeit.
Microsoft versuchte Anfang
der 2000er durch mehrere Methoden Open Source zu diskreditieren, was
nachträglich in einem gigantischen Imageschaden, als auch finanziellen
Verlusten für Microsoft endete. Man bezog im Klagefall SCO vs Linux
Stellung, indem Microsoft den Aktienkurs der Firma SCO durch breite
Aktienkäufe unterstützte. Der Fall ist nachzulesen auf dem Open
Source Rechtsblog Groklaw:86 Gleichzeitig schaltete man eine
Reihe von Anzeigen, die das damals in der Serverwelt aufkommende Linux
unvorteilhaft darstellten.87
SCO hat am Ende keine der vielen Klagen gewonnen und musste Insolvenz
anmelden, Microsoft hat in den darauf folgenden Jahren die
Marktführerschaft für Server-Betriebssysteme verloren. Auch wenn die
Kausalität für letzteres nicht gesichert ist, so hat doch der
versuchte Angriff von SCO und Microsofts gleichzeitige Kampagne
den Glauben an die Effektivität der damals noch sehr ungewöhnlichen
Lizenz
GPL nachhaltig gestärkt.
Ein ähnlicher Angriff auf die Fundamente von Open Source ist daher in heutigen Zeiten extrem unwahrscheinlich geworden.
Ähnliche Verschärfungen finden auch in den gewerblichen Schutzrechten statt, Patente auf Software, Pflanzen, Geschäftsideen sind alles Ideen, die seit 1883 dazu gekommen sind. Der Grund für diese Verschärfungen ist die Arbeit der Urheberrechts-Lobbyorganisationen, in Deutschland zum Beispiel die GRUR (Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht e.V) oder Organisationen, deren großzügige Finanzierung durch Urheber und Verleger, eigentlich schon wieder Preis gibt wie gut es um die Tantiemen von Urhebern und Verlegern bereits bestellt ist.
Auch die Internationale Durchsetzung nimmt zu. So sind mittlerweile auch Entwicklungsländer der internationalen Patent Cooperation Treaty beigetreten und die Durchsetzung wird durch internationale Vernetzung einfacher. Patente sind eine gefragte Handelsware und das Aufkaufen und weiterlizensieren von nicht selbst entwickelten Patenten ist ein anerkanntes Geschäftsmodell.
Interessanterweise, kann genau dieser Effekt der fortschreitenden Regulierung einen unerwarteten Nebeneffekt auf die Entwicklung offener Werke haben. Die theoretische Frage, ob man als Designer eher proprietäre Rechte verteidigt oder auf offene Standards setzt, ist irrelevant, weil es kein theoretisches Thema ist, sondern ein praktisches. In der Praxis baut Design und Produktentwicklung immer auf vorherigen Ideen und Eindrücken auf. Durch zunehmende Regulierung wird es aber schwieriger im proprietären Bereich etwas komplett Eigenes, Neues zu schaffen. Wenn aber alles vorhandene reguliert ist, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als es allein zu versuchen. Der Zugriff auf gemeinsame Standards ist daher ein praktischer Vorteil. Das Copyleft- bzw. Share-Alike-Prinzip, kompatibel mit dem proprietären Urheberrecht, welches für die freie Verfügbarkeit von Weiterentwicklungen und Derivaten sorgt, sorgt dann dafür, dass aus den einfachen offenen Entwürfen, größere, funktionalere und komplexere Ableger entstehen können.
Für Open Source Software hat dies bedeutet: Über 60% der Webseiten im Internet und über 60% der Smartphones und Tablets laufen auf Open Source Software. An diesen riesigen Industrien, die dafür entstanden sind, sieht man auch, dass Open Source keinerlei Probleme darstellt bei der monetären Nutzung. Der Grund für dieses Wachstum von Open Source ist praktischer Natur und nicht aus Image-Gründen. An der hervorgehobenen Stellung von Google, Apple, Facebook kann man nicht erkennen, dass Open Source irgendeine limitierende Auswirkung auf die Prinzipien der Marktwirtschaft gehabt hätte. In einer Open Source Welt, spielt das aber auch keine Rolle, denn nicht die Intentionen eines Unternehmens sind gefragt, sondern die des Individuums das im Unternehmen arbeitet.
Die Entscheidung eines Unternehmens für die Entwicklung auf Basis von Open Source Lizenzen kann für das Unternehmen praktische Gründe haben, nebenbei hat sie aber auch positive Auswirkungen für die beteiligten Mitarbeiter. Durch die Veröffentlichung von Open Source Technologie kann die Verbreitung, Bekanntheit und Anerkennung in professionellem Umfeld steigen. Das billigt dem einzelnen Mitarbeiter eine bedeutendere Rolle zu, ermöglicht aber auch eine größere berufliche Mobilität. Verlässt er das Unternehmen, muss er seine bisher geleistete Arbeit nicht vollständig hinter sich lassen, da das Werk frei bleibt.
Die Gefahr, dass große Unternehmen sich also am Open Source Pool bedienen und nichts zurückgeben, sollte also nicht überbewertet werden. Auch große Unternehmen bestehen nur aus Mitarbeitern, die auch manchmal im Interesse der Gesellschaft oder in ihrem eigenen Interesse denken und entscheiden. Das ist nicht immer dasselbe wie das Interesse der Investoren und Fonds. In Unternehmen, die viel auf Open Source Technik setzen, gibt es also eine Machtverschiebung, von der Unternehmensführung mehr in Richtung der Mitarbeiter bzw. Individuen. Nutznießer ist die außenstehende Gesellschaft.
Wenngleich der Open Source Geist also in der Praxis leider keinen großen Einfluss auf die Positionierung von Großunternehmen hat, so hat er doch Einfluss auf die Art wie Großunternehmen handeln.
Schon der Flugpionier Alberto Santos-Dumont verteilte 1908 Baupläne seines Ultraleichtflugzeugs Demoiselle kostenlos und sah das Fliegen als ‚Geschenk für die Menschheit‘. Der Designer Gerrit Rietveld veröffentliche Bauanleitungen seiner Stühle in der Zeitschrift De Stijl.1 Einzelne Nachbauten gab es dennoch nur wenige, nicht nur weil der finanzielle und technische Hintergrund fehlte, sondern auch weil die Produktionsmethoden immer noch Werkzeuge und Vorrichtungen erforderten, die erst in einer Serienproduktion Sinn machten.
Generative Fertigung, bzw. dezentrale Produktion sind ein Schlüssel für den Austausch von Entwürfen. Statt der Ware, wird bloß ein Modell übermittelt, statt dem Massenprodukt entsteht ein angepasstes, einzigartiges Produkt. Millionen von Wirtschaftsingenieuren, Supply-Chain Managern, Lifecycle Planern, Sozialwissenschaftlern, Umweltforschern, etc. geben sich Mühe diese Modelle zu planen, berechnen und vorrauszusagen.
Ausgerechnet die Entwicklung von 3D Druckern stagniert, die erst dafür gesorgt hat, dass Plattformen für den Austausch von Produktionsdaten entstanden sind. Die aktuellen FDM 3D Drucker haben nicht die Genauigkeit, Reproduzierbarkeit, Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit, um den Spritzguss für die dezentrale Produktion abzulösen. Geschweige denn, dass sie sich für etwas anderes als Kunststoffteile eigneten. Die Entwicklung von Technologie passiert in Schüben. Die heutigen generativen Fertigungsverfahren stammen aus den 80ern und 90ern. Der letzte Große Entwicklungsschub waren die ‚Desktop’-Geräte. Also Maschinen, die von den Anschaffungskosten und von der Größe her auf den Schreibtisch passen. Sie basieren auf denselben 80er Jahre Technologien. Eine massentaugliche Ablösung dieser Verfahren ist nicht in Sicht.
Was ist, wenn die von Designern, Ingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern, Sozialforschern, Politikern, Investoren vielbeschwörte Revolution in der Fertigung noch ein wenig auf sich warten lässt? Oder wenn sie gar ganz anders kommt als man sich das vorgestellt hat?
Als man 1957 die Boeing 707 vorstellte war sie mit 917km/h Reisegeschwindigkeit das schnellste Passagierflugzeug der Welt, mehr als doppelt so schnell als noch in den Vierzigern. Jeder Beobachter von damals würde nicht glauben, dass man im Jahr 2011 eine Boeing 787 mit einer Reisegeschwindigkeit von 903km/h vorgestellt hat. Willkommen, wir befinden uns gerade in den 50ern der dezentralen Fertigungsverfahren!
Mit kleinen und dezentralen Verfahren wie Lasercutting, CNC-Fräsen und 3D Druck lässt sich bislang nur ein Bruchteil der klassisch industriellen Produktionsverfahren ablösen. Bis auf einige wenige plakative Anwendungszwecke wie Prothesen oder Turbinenschaufeln haben generative Verfahren an der globalen Güterproduktion noch keinen nennenswerten Anteil. Dazu funktioniert die gute alte Rohstoffpumpe, die unser globales Produktionssystem antreibt, einfach noch viel zu gut.
Betriebswirte und Marketingspezialisten haben den Begriff „Industrie 2.0“ und „Industrie 4.0“ geprägt (Ed.: Gab es eigentlich ein 3.0 oder habe ich das verschlafen?). Dabei sind große Teile der Welt noch nicht einmal bei Industrie 1.0, also weitestgehend industrialisiert. Und das wird auch so bleiben, falls nicht die Dezentralisierung schon getrennt von der Technisierung stattfindet. Bloß weil 3D Drucker billiger geworden sind als früher, wird man nicht mit der dezentralen Produktion von Handy-Hüllen in Somalia anfangen.
Die Dezentralisierung der Produktionswirtschaft ist eine der größten politischen und gesellschaftlichen Aufgaben vor welcher die Menschheit heute steht. Eine dezentrale Produktion ist eine Chance, den Rohstoffausstoß zu reduzieren indem Bedarfsgerecht produziert wird, ohne Überschuss und übermäßige Lagerhaltung. Automatisierung sorgt für immer weniger Bedarf an körperlicher Arbeit, Dezentralisierung der Produktion würde für eine gerechtere Arbeitsverteilung und eine geringere Massenarmut sorgen. Kulturelle Vielfalt wie auch individuelle Ästhetik kann durch dezentrale Produktion gewinnen, indem maßgeschneiderte Produkte möglich werden, die jeweils in Form und Material abweichen, dennoch auf bewährten Standards basieren.
Auch wenn dezentrale Produktion momentan noch der Bremsklotz für eine breitere Open Design Kultur darstellt, ist zu erwarten, dass sie kommen wird. Es wäre nicht verwunderlich, wenn es aber noch mehrere Jahrzehnte dauert, bis die Weichen dafür gestellt sind. Bis dahin wird man sehen, wie sich Open Design in der Zwischenzeit entwickelt.
17.01.2016 David Burkhardt